Mittwoch, 9. Februar 2011

„Der Schöne und das Biest“

Im Debütroman von Vincent Kliesch, der im Juni 2010 erschienen ist, trifft schöner Todesengel mit Putzfimmel auf rachsüchtigen Exkellner. Die Reinheit des Todes ist ein Thriller, der vor allem wegen vieler erfüllter Klischees für Gänsehaut sorgt.

Ein Serienmörder, der das LKA Berlin vor eine unlösbare Aufgabe stellt, da er „mit ihnen macht, was er will“, den Tatort klinisch rein putzt und auch sonst keinerlei Anhaltspunkte hinterlässt, die zu seiner Überführung beitrage könnten.

Ein Kommissar, namens Kern aus Brandenburg, der dem LKA Berlin wegen eines Traumas den Rücken gekehrt hatte wird angefordert um den Fall zu lösen und den „Putzteufel“ zu überführen, denn „immer wieder waren es allein seine Erkenntnisse gewesen, die den entscheidenden Ausschlag für die Ergreifung von Verbrechern gegeben hatten“. Kern wird als der Superermittler schlechthin in den Handlungsverlauf eingeführt, seine Notwendigkeit wird derart oft betont, dass man es schon fast nicht mehr lesen kann, w i e scharfsinnig und ehrgeizig dieser Kommissar ist.
Das Gegenteil dessen bekommt man allerdings mehr als einmal vor Augen geführt, dass die Ermittler-Hoffnung aus Brandenburg das sogenannte “Scheunenmassaker“ nicht verarbeitet hat, weil er „Tassilo“ mangels Beweisen nicht hinter Gitter bringen konnte.
Auch ein Einblick in Kerns Privatleben bleibt nicht aus- versessen darauf den Fall zu lösen, arbeitet er auch nach Feierabend zu Hause, anstatt zu schlafen und ertränkt seine Gedanken in Whiskey, weil seine Ehe an unregelmäßigen Arbeitszeiten, späten Feierabenden und nicht eingehaltenen Verabredungen zerbrochen ist. Seine Frau Nathalie hat den Vollzeitermittler mit ihrer gemeinsamen Tochter Sophie verlassen. Eine Tatsache die einen nicht wirklich überrascht, weil sie nur das Klischee eines erfolgreichen Kommissars zusätzlich unterstreicht, der innere Monologe mit den imaginären Tätern führt- „Hast du es auf uns abgesehen? Du weißt, dass wir dich mit allen Mitteln jagen werden. Du denkst, wir kriegen dich nicht, oder?“ Derartige Ausführungen, und ihre Einbindung in den Text sind mehr nervig als sinnvoll für die Handlung.
Unglaubwürdig wird Kern auch dadurch, dass er mit seinem langjährigen Erzfeind „Tassilo“ plötzlich gemeinsame Sache macht und diesem sogar Bewunderung schenkt, da er „was Faszinierendes“ an sich habe, obwohl er ein brutaler Sadist sei. Man fragt sich beim Lesen, was genau so faszinierend an einem Massenmörder ist, der die Ehe des Ermittlers zerstört hat und ihm außerdem seit drei Jahren Albträume bereitet:
Der Exkellner eines Nobelrestaurants („Tassilo“), dem sämtliche Sicherungen durchgebrannt waren, nachdem die „High-Society“ Berlins seine Arbeit nicht gewürdigt und ihn schikaniert hat, sind mehrere Kapitel gewidmet, sodass man sämtliche blutige Details seiner Gräueltat genau nachlesen kann. Also, überlegt es euch in Zukunft besser zwei Mal, bevor ihr einen Aschenbecher nach einem Kellner werft, weil es im Restaurant keine freien Tische mehr gibt (was ja beinahe täglich vorkommt…), denn das könnte ins Auge gehen! Die Rückblenden auf das „Scheunenmassaker“ vor drei Jahren, die sich ständig mit den aktuellen Ermittlungsarbeiten des LKA Berlin in Bezug auf den mysteriös-reinlichen Serienmörder, lassen keinen Lesefluss entstehen, weil man sich durch das ewige Hin und Her auf keine Situation wirklich einlassen kann.
Perfektioniert wird die Verwirrung durch den aus gutem Hause stammenden, schönen „Raphael“, der bei seiner Mutter lebt und dessen Vergangenheit auch durch innere Monologe offengelegt wird. Auf Szenen, in denen er sich ausgiebig duscht, seinen „perfekt trainierten Körper“ einölt und sein “schulterlanges goldblondes Haar“ föhnt, kann man wirklich verzichten.
Sein gegenwärtiges Handeln ist aufgrund seiner fragwürdigen Kindheitserlebnissen auch nicht wirklich überraschend für den Leser, vor allem macht die Erzählung über den selbst ernannten Engel die Beschreibung der Ermittlungserfolge des Kommissars überflüssig, die ihm meistens eher zufällig gelingen.
Nachdem der Superermittler aus Brandenburg eine gefühlte Ewigkeit im Dunkeln getappt ist, findet sein Kollege durch einen Zufall das letzte fehlende Puzzleteil und alles scheint plötzlich lösbar und eindeutig zu sein…
Abschließend kann man sagen, dass die ganze Geschichte sehr konstruiert und der Thriller kein überraschendes Ende nimmt, den großen filmreif-übertriebenen Showdown, in dem Tassilo der rachsüchtige Ex-Kellner und Raphael der Todesengel aufeinandertreffen, gibt es zwar, der „Aha-Effekt“ bleibt aber aus. Der Leser kann sich nämlich mit ein bisschen Verstand alles selbst zusammenreimen, da sämtliche Perspektiven der handelnden Personen bis ins Kleinste ausgeleuchtet werden.

Vincent Kliesch ist beruflich Moderator im Filmpark Babelsberg in Potsdam und hat seine eigene Comedy Show im Auftrag von Starbucks moderiert. Außerdem ist er als Stand-Up Comedian bereits im Quatsch Comedy Club und im Waschsalon von Night Wash aufgetreten.
Für den Autor selbst ist „der Weg von der Comedy zum Thriller nicht weit“Manche konstruiert wirkenden Begebenheiten im Thriller die Reinheit des Todes sind in der Tat „komisch“, so komisch, dass man beinahe lachen muss, aber ob das der Sinn eines Thrillers ist?

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